Hand in Hand für Kunst

Lebendige Kunst

Wie fühlt es sich an, selbst zu einem Kunstwerk zu werden? Sich ganz für die Kunst herzugeben, sogar auf Bewegungsfreiheit und die eigene Sicht zu verzichten? Auf jeden Fall erfordert es Vertrauen zum Künstler…

Als Model hat man es nicht leicht! Wie gut, dass ich mich nur gelegentlich für Kunstaktionen zur Verfügung stelle und das völlig freiwillig.

Angefangen hat es damit, dass ich meinem Künstler-Freund den kleinen Finger gereicht habe (oder präzise gesagt: den Zeigefinger und Daumen). Auf unserem Weg durch München gehörte natürlich ein Besuch der Pinakotheken dazu. Und in einer recht spontanen und vielleicht auch nicht ganz legalen Aktion, entschlossen wir uns zu einem Kunstprojekt vor der Kunst.

Finger Formen

Mit dem besonderen Rahmen dieser Räumlichkeiten kamen dann die Farben der Woll-Umwicklung und die bunten Bändchen vom Eintritt schön zur Geltung und die Formen harmonierten mit den Linien der Architektur. Das ausgewählte Symbol lässt sich vielfältig deuten – dies überlasse ich gern dem Betrachter.

Dabei herausgekommen sind jedenfalls ein paar kurzweilige Stunden in einem überhaupt nicht langweiligen Museums-Besuch (inklusive kurzer Momente des Nervenkitzels beim Passieren von Wachleuten – was die wohl über farbige Finger gedachten haben mögen?) und einige stilvolle Fotos für die Vita.

Weitere Körperteile

Später im Jahr, als die Natur sich ein buntes Blätterkleid angezogen hatte und uns regelrecht zu einer neuen Foto-Session rief, in der ich meine Kleider konträr dazu auszog, wurde dann aus dem Finger ein ganzer Arm. Es kam bald noch ein Bein und schließlich sogar der Kopf dazu. Was tut man nicht alles für die liebe Kunst?

Sich einmal hierhin drehen, nein doch lieber das andere Hier. Den Arm ein bisschen aber nicht zu weit und auch nicht verkehrt herum verbiegen. Über diesen Stein stolpern und jenen Ast im Haar verheddern. Ja, so ist es wunderbar und jetzt bitte still halten für ein paar Stunden und dabei vergessen, dass man fast nackt im Wald herum steht!

So oder so ähnlich kann man es sich vorstellen. Wobei ich zunächst selber kreativ werden und Vorschläge machen durfte – bis man mir den Mund sprichwörtlich mit Wolle stopfte.

Ich durfte mich auch frei bewegen und selber posieren – solange, bis dann das Füßlein an den Baum gebunden wurde. Eine ziemlich bizarre, wenn nicht sogar spirituelle Erfahrung. Dabei musste ich nämlich immer wieder an diesen bekannten Spruch denken:

Wie empfinden wohl Bäume ihre scheinbare Bewegungs-Unfreiheit? Wenn man sich überhaupt keine Gedanken darüber zu machen braucht, wo man denn hin will und was man dort will und wieso der eine Ort besser als ein anderer sein sollte. Dann bietet das doch gleichzeitig eine ungeheure Erleichterung. Diese Verantwortung über den eigenen Standort hätte man dann zumindest nicht mehr und gleichzeitig aber viel mehr Raum, um über Wichtigeres nachzudenken:
Zum Beispiel, ob Bäume wohl ihren Kopf (also den Teil mit all den Nerven und denkähnlichen Prozessen darin) tatsächlich in der Erde stecken haben und somit ihre Extremitäten in den Himmel ragen.
Und die Frage:

Warum eigentlich Wolle

Bei der Kunst von Jacob Maler zieht sich als roter Faden die Verwendung von Schnüren durch all seine Werke. Dabei geht es nach eigener Aussage stets um die Verbindung und Verknüpfung von verschiedenen Räumen, Situationen und Dimensionen.

Viele seiner Bilder haben eine sehr plastische Tiefe, obwohl sie eigentlich 2dimensional sind. Für mich war immer klar, dass man darauf die ansonsten unsichtbaren Energiebahnen sehen kann, auf denen das ganze Leben aufgebaut ist und die uns alle miteinander verbinden.

Bei der Umwicklung mit Wolle wird andererseits auch die Grenze des Objekts betont. Der Gegenstand selbst wird dabei sogar in seiner Bedeutung verändert: ein Bein oder ein Hydrant bekommt statt nur einem rein funktionalen Wert zusätzlich einen ästhetischen Aspekt. Mein Bein fühlte sich jedenfalls durch die ungewohnte Aufmerksamkeit geehrt!

Und wenn solche Aktionen mit eher ungewohnten Inhalten eines können, dann doch vor allem verdeutlichen: Das Leben ist Kunst!

Herbstzeit von Jacob Maler

Autor: SmileGlobetrotter

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