Tarsier oder Koboldmakis sind nicht nur die kleinsten Affen, sie haben wahrscheinlich auch die größten Glupschaugen der Welt – jedes davon größer als ihr Gehirn. Aber es gibt noch mehr Gründe, weshalb sie etwas Besonderes sind:
Die kleinste Art unter ihnen wird nicht größer als gerade mal 10 Zentimeter Körperlänge – also nicht mal eine Hand voll. Hinzu kommt ein doppelt so langer Schwanz. Als wenn das nicht schon genug wäre, haben die putzigen Tierchen auch noch niedliche, knubbelige Hände und bewegen sich hüpfend vorwärts – was ihren Süßheits-Faktor enorm in die Höhe treibt. Meistens sitzen sie aber als kleines Fellknäuel zusammen gekauert an einem Ast und beobachten die Welt dort draußen mit ihren riesigen, verwunderten Augen.
Da sie keine Augenlider haben und zum Schlafen also nicht die Äuglein schließen können, halten sie sich tagsüber im Schatten der unteren Blätter auf und werden erst zu Sonnenuntergang aktiv. Auch während ihrer Wachzeit bleiben sie aber in einem kleinen Revier. Das macht es uns neugierigen Menschen ziemlich einfach, sie in ihren bevorzugten Plätzen zu besichtigen. Zum Glück ist es gar nicht nötig, sie einzufangen und in einem Zoo zu halten. Stattdessen werden gezielte Führungen in geschützten Reservaten angeboten, um die Winzlinge zu besuchen und vor ihnen dahin zu schmelzen.
Man unterscheidet die Unterarten je nach Lebensraum. Ich hatte die Gelegenheit, ihnen live und in Farbe zu begegnen als ich auf Bohol / den Philippinen war – dort sind sie Einzelgänger. Wäre ich stattdessen auf Sulawesi gewesen, hätte ich vielleicht auch ihre allmorgendlichen Duettgesänge hören können. Jedoch den Großteil ihrer Gespräche führen sie ohnehin im Ultraschallbereich, was ihre fledermaus-artigen Ohren schon vermuten ließen, indessen erst vor kurzem bewiesen wurde.
Mein kläglicher Versuch, die possierlichen Racker zu fotografieren:


Ganz im Gegensatz zu dem, was ich bei Primaten vermutet hätte, sind sie reine Fleischfresser – aber natürlich kommen für sie als Nahrung nur Tiere in Betracht, die noch kleiner sind als sie selbst (also vor allem kleine Insekten, Spinnen, Krabben, Mini-Frösche und Mini-Schlangen). Man stelle sich vor, sie würden stattdessen versuchen an einer Kuh zu knabbern!
Der Name Tarsier ist übrigens abgeleitet von ‚Tarsus‘, der wissenschaftlichen Bezeichnung für die Fußwurzel und bezieht sich auf seine ungewöhnlichen Sprungbeine. Mit dessen speziellen Bau kann der Koboldmaki bis zu 6 Meter (!) weit springen – und dies sogar rückwärts. “Nur die richtige Einstellung du haben musst!“
Klar wäre es ein unvergleichlicher Hingucker, wenn man mit solch einem Mini-Yoda auf der Schulter durch die Straßen laufen würde. Man könnte zu der Annahme kommen, dass er einem kluge Ratschläge ins Ohr flüstern würde, um auf der guten Seite der Macht zu bleiben. Bevor irgendwelche Hoffnungen geweckt werden, möchte ich allerdings betonen, dass sich Koboldmakis nicht als Haustiere oder Hauslehrer eignen. Die Tierchen neigen in Gefangenschaft und bei zu viel Stress dazu, sich selbst zu töten – was ich gut verstehen kann.
Den Zwergkoboldmaki hielt man bis 2008 bereits für ausgestorben, da Einheimische ihn auch als Nahrung wegen des Fleisches und wegen dem Fell gejagt hatten. Obwohl zugegebenermaßen an so einem Winzling wirklich nicht viel dran ist, da braucht es gleich eine ganze Affenbande für einen vollen Mittagstisch!
Auf Borneo gibt es den Aberglaube, dass bei Koboldmakis der Kopf lose sitzt. Und wer seinen Namen ausspräche, bei dem geschähe dasselbe. So kann man natürlich auch den Kopf verlieren! Tatsächlich besitzen die Äffchen die Fähigkeit (ähnlich wie Eulen), den Kopf komplett nach hinten zu drehen. Das hat ihnen vielleicht auch den Spitzenamen “Gespenstäffchen” eingebracht.
Alles in Allem sind sie also eine sehr merkwürdige, aber ziemlich sympathische Laune der Natur. Und hoffentlich bleiben uns die wenigen Vertreter auch noch eine Weile erhalten!

Eine ähnliche Geschichte, aber mit besseren Fotos kann euch Helmut auf seinem Blog erzählen:
https://philippinen.umagic.de/2022/01/19/tarsier-die-kleinsten-affen-der-welt
Autor: SmileGlobetrotter
Quellen: