Belgien ist bekannt für Schokolade. Und Schokolade ist bekannt dafür, schokoladenbraune Flecken auf der Kleidung zu hinterlassen. Hier ist ein kreativer Lösungsansatz aus dem 19. Jahrhundert.

Meine Entdeckung im belgischen Museum
In der “Choco Story” von Brüssel kann man viel über das Luxusgut erfahren: Von dem Anbau über die Verarbeitung bis zu der durchwachsenen Geschichte von Kakao-Bohnen.
Schon die Zeitgenossen von Marie Antoinette waren bekennende Schleckermäuler wenn es um das edle Heißgetränk ging – und nicht nur die Frauen. Wobei es gerade für sie als regelrechtes Gesundheitsmittel galt, um heißblütiger zu werden.
Leider wurde es im viktorianischen Zeitalter Mode, als elder Herr einen edlen Herren-Schnauzer zu tragen und der ließ sich nicht gut mit dem Schlürfen von heißer, sinnlicher Schokolade vereinbaren – zumindest nicht kleckerfrei. Wovon dann die verräterischen Spuren auf der edlen Kleidung zeugten, was wiederum so gar nicht vornehm wirkte.
Also ließ man sich etwas sehr nützliches einfallen!
Neben den wunderschön gearbeiteten und exquisiten Schokoladen-Servicen, mit denen die vornehme Gesellschaft auch während ihrer Picknicks nicht auf den Genuss verzichten musste; kann man in den Vitrinen des Schokoladen-Museums auch diese kurios anmutenden Porzellan-Tassen mit einem Steg finden:




Wer hat sie erfunden?
Diese clevere Innovation schreibt man Harvey Adams aus Longton, Großbritannien zu, der selbst eine Töpferei betrieb und dem als Bartträger die Problematiken bekannt waren.
Die älteste bekannte Barttasse ist aus dem Jahre 1860 und hatte bald viele Nachahmer auf der ganzen Welt. Darunter berühmte Porzellanhersteller aus Derby, Meißen, Limoges oder Imari.
In Deutschland war sie vor allem in der Deutschen Kaiserzeit (1871-1918) sehr beliebt und galt für eine Weile als „feinste Tasse des Mannes mit Bart“. Ihre Form ist kulturgeschichtlich einzigartig.
Was zeichnet eine Bart-Tasse aus?
Von einer herkömmlichen Tasse unterscheidet sie sich im Grunde nur durch den Aufsatz, der selbst ein bisschen aussieht wie ein Schnurrbart.
Darauf kann der Mann seine Gesichtsbehaarung ablegen, während er aus dem kleinen Loch darunter trinkt. Dies schützt nicht nur die Frisur vor Verschmutzung sondern auch andersrum das Getränk vor Pomade, Bartwachs und was sich sonst noch so im Haar verstecken könnte.
Da es eine hochwertige Handwerkskunst ist und keine Massenware, wurden die Tassen häufig sehr aufwendig dekoriert mit Initialen, Sprüchen, Schnörkeln und Goldumrandungen – eben das ganze männliche Zeug.
Ob sie nicht nur schön anzuschauen, sondern tatsächlich auch praktikabel sind, kann ich in Ermangelung eines angemessen voluminösen Damenbartes leider nicht persönlich beurteilen.
Ich frage mich allerdings ernsthaft, warum sie irgendwann wieder aus der Mode gekommen und nicht Teil eines jeden Porzellan-Services sind. Zusammen mit dem neuerlichen Boomen von Barbieren gibt es sie inzwischen aber auch wieder als ausgefallene Geschenk-Idee. Zum Beispiel auf https://barttasse.de/
Autor: SmileGlobetrotter
Quellen:
- Videobeitrag des NDR: Barttassen – des Mannes feinste Tasse | ARD Mediathek
- Sammlung des Ostfriesischen Teemuseums: https://teemuseum.de/barttassen
- https://de.wikipedia.org/wiki/Barttasse