Bei einem Ausflug in den Regenwald sollte man wohl damit rechnen, dass es regnet und man nicht trockenen Fußes zu all den Wundern der Natur gelangt. Aber über die Größe und den Gestank der Rafflesia darf man trotz aller Erwartungen durchaus staunen.
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Als ich mich einer Gruppe von Mutigen angeschlossen und dem einheimischen Dschungel-Guide hinterher marschiert bin, war ich auf vieles vorbereitet.
Ich hatte gute Wanderschuhe, wetterfeste Kleidung mit einem hübschen rosa Regencape, Mückenspray und jede Menge Trinkwasser eingepackt. Außerdem war ich bereit durch den Matsch zu waten, mich von Liane zu Mammutbaum zu schwingen und über braune Wasserläufe zu klettern auf rutschigen Steinen und improvisierten Bambusbrücken.

Der “Mossy Forest” in den Cameron Highlands von Malaysia ist beeindruckend. Hinter den ersten Bäumen, wenn man in den Schatten des Waldes tritt, taucht man zugleich in eine verzauberte Welt. Die Luft ist fast zum schneiden dick durch die hohe Feuchtigkeit, die sich überall in Tropfen sammelt. Jedes winzige Stück Holz ist von Moos bewachsen. Und die fremdartigen Geräusche vermischen sich zu einem wahren Orchester von allen Seiten. Dies lässt sich kaum mit Worten und Fotos beschreiben.
Bäume, Blätter und Farn nehmen ungeahnte Ausmaße an, wie sie nur unter solch fruchtbaren Bedingungen möglich sind. Und während man noch über den ersten Eindruck staunt, entdeckt man überall faszinierende Tiere und Pflanzen mit ungeahnter Farbenpracht. Wenn man nur etwas genauer hinschaut, könnte man vielleicht auch Kobolde, Feen und andere magische Wesen sehen. Man glaubt sie schon fast in den Augenwinkeln wahrnehmen zu können.





Und inmitten dieses spektakulären Lebensraums wird man plötzlich von einem bestialischen Gestank überrollt. Das ist sie: die Krone der Pflanzen-Schöpfung und der Schatz, den zu suchen wir hier her gekommen sind: die Rafflesia.
Ein echter Wunderparasit
Der Botaniker Charles Davis bezeichnet die Rafflesia als „Das größte Wunder der Pflanzenwelt“. Und damit spielt er nicht nur auf die unglaubliche Größe der Blüten an.
Sie besitzt im Gegensatz zu den meisten Pflanzen auch keine Wurzeln, Äste oder Blätter und betreibt keine Fotosynthese. Das hat den Vorteil, dass sie im dichtbewachsenen Regenwald nicht auf Sonnenlicht angewiesen ist und damit im dunklen Unterholz überleben kann.
Allerdings braucht sie als Vollschmarotzer stattdessen einen geeigneten Wirt: bestimmte Lianen, die sie umranken und mit winzigen Zellfäden durchwachsen kann.
Kurze Blütezeit
Die Rafflesien blühen nur einmal im Jahr und auch nur, wenn das perfekte Klima vorherrscht – weder zu trocken noch zu feucht darf es sein. Ausschließlich in den Regenwälder von Süd-Ost-Asien sind die idealen Bedingungen gegeben.
Bis die kleinen Knospen auf ihre vollständige Größe eines Fußballs angeschwollen sind und sich öffnen, dauert es 9 Monate – so lange wie ein menschliches Baby – dabei sterben bereits 90% der Knospen vorher ab. Und innerhalb von nur einer Woche verfault die Blüte auch schon wieder.
Es ist also bereits ein halbes Wunder, überhaupt zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, um eine solche Pracht bestaunen zu können.
Schwierige Geburt
Damit sie sich fortpflanzen kann, muss die Rafflesia genau wie andere Pflanzen bestäubt werden und dafür nutzt sie ein paar faule Tricks.
Sie verströmt nicht umsonst den penetranten Geruch von verwesendem Fleisch. Sie sieht mit ihren rot-weiß-gesprenkelten Blütenblättern auch so aus. Und sie strahlt Wärme ab, wie ein gerade verendetes Tier. Das lockt Aasfliegen und andere Insekten an, die im günstigsten Fall zwischen männlichen und weiblichen Blüten hin und her wechseln.
Fertige Früchte werden nur selten ausgebildet. Sie benötigen noch einmal fast ein Jahr bis zur Reife, können dann aber gleich mehrere tausend Samen enthalten, welche vermutlich durch Nagetiere verbreitet werden.
Auf die Größe kommt es an
Forscher haben eine gewisse Korrelation entdeckt, die nicht überraschend ist: Je größer die Knospe wird, desto stärker ist ihr Geruch beim Aufblühen.
Im Laufe der Evolution haben sich die Blüten der Rafflesia innerhalb kurzer Zeit auf das 80-fache vergrößert. Inzwischen erreicht sie bei der Riesenrafflesia etwa einen Meter Durchmesser und wiegt bis zu 11kg. Im Jahr 2020 wurde mit 111cm in Indonesien ein neuer Rekord gemessen.
Bedrohung von allen Seiten
Warum nur wundert es mich nicht, dass diese hübsche aber auch widerliche Blüte in Thailand als Delikatesse gilt? Außerdem werden die eigentlich giftigen Schmarotzer für medizinische Zwecke verwendet. Weshalb ihr geringer Bestand noch zusätzlich zum schrumpfenden Lebensraum bedroht ist.
Die Zucht im Gewächshaus ist aufgrund ihrer besonderen parasitischen Lebensweise sehr schwierig und bisher ist noch keine Befruchtung gelungen. Daher steht die ohnehin seltene Pflanze als “kritisch gefährdet” auf der Roten Liste der IUCN.
Ich hatte wahrscheinlich ein unbeschreibliches Glück, noch zu Lebzeiten ihre persönliche Bekanntschaft machen zu dürfen und ich freue mich, euch hier von der duften Königin des Regenwaldes erzählen zu können.
Autor: SmileGlobetrotter
Quellen: