Eine Kurzgeschichte von Fred Lang
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Seit einiger Zeit fahren meine Frau und ich nur noch virtuell in den Urlaub. Wir sitzen vor dem Fernsehgerät auf unserem bequemen Sofa und träumen uns weit weg.
Unsere Freunde sind schon ganz neidisch, wenn wir erzählen, wo wir am Wochenende wieder überall gewesen sind. Und das ganz umsonst! Die Länder Europas kennen wir inzwischen wie unsere kuscheligen Kissen, und auch die anderen fünf Kontinente sind uns so vertraut wie unsere Pantoffeln. Die tragen wir allerdings nicht mehr so oft wie früher.
Überhaupt hat unsere Kleidung jetzt ein geradezu sportliches Outfit bekommen. Besuchen wir z. B. die Malediven mit ihrer faszinierenden Unterwasserwelt, haben wir natürlich außer Schwimmflossen und Taucherbrille nichts weiter an. Die Heizung im Wohnzimmer habe ich natürlich vorher voll aufgedreht. Schließlich wollen wir uns ja nicht erkälten.
Vorige Woche waren wir für ein Stündchen in der Antarktis bei einer Expedition mit dabei und heilfroh, dass wir auf eine Ausrüstung zurückgreifen konnten, die wir uns einige Wochen zuvor für einen Ausflug zum Nordkap besorgt hatten. Ich brauchte also nur noch unsere beiden Tiefkühlschränke im Wohnzimmer aufzustellen. Da drin war es allerdings etwas ungemütlich, aber so konnten wir die drangvolle Enge in den Expeditionscontainern sehr gut am eigenen Leibe nachvollziehen.
Übermorgen steht die Besteigung der Eiger-Nordwand auf unserem Programm. Meine Frau meint nun aber, diese ganze Kletterei wäre ihr vielleicht doch etwas zu sportlich. Na ja, dann eben nicht.
Absolute Krönung unserer virtuellen Reisen ist natürlich der im kommenden Jahr angepeilte Kurztrip auf den Mars! Als ehemaliger Mitarbeiter eines Wasserwerks kann ich meine in vielen Jahren erworbenen speziellen Kenntnisse bei der mühevollen Suche nach dem dort eher seltenen Rohstoff einbringen. Das Ganze darf natürlich nicht in Arbeit ausarten. Schließlich sind wir ja Touristen.
Ab morgen werden meine Frau und ich übrigens schon mal mit den Vorbereitungen beginnen. Hoffentlich macht der Sender keine Zicken und setzt den Film kurzfristig ab.
Autor: Fred Lang
Titelbild: Copyright by Michael Blümel
Eine ganz wundervolle Kurzgeschichte!
Viel Spaß bei Euren Reisen!
Eine wundervolle Art zu reisen………
Wunderschön beschrieben. Da hole ich glatt auch meine Schwimmflossen aus dem Keller.
So süß, diese Idee! Danke fürs virtuelle Schmunzeln…
Auch virtuelle Urlaube haben ihren ganz eigenen Reiz.
Vielen Dank für die Kommentare! Ich habe mich sehr darüber gefreut.
Danke schön. Es erheitert meinen ernsten Schnabel.
Ich sitze auf meinem Nest und gackere vor mich hin.
Habe keine Lust aufzustehen und will mal sehen,
ob ich Schreibhuhn bald wieder Eier lege.
Hallo Tine!
Schön, von dir ein Lebenszeichen zu erhalten. Ich freue mich immer über dein Gegacker und frische Eier.