Fuerst Pueckler – Wer steckt hinter dem Eis

Es gibt tatsächlich eine deutsche Entsprechung für den italienischen Casanova und den spanischen Don Juan. Er lebte sogar fast zur selben Zeit. Aber vielleicht verbot uns die deutsche Tugendhaftigkeit, auf einen solchen Verführer und Lebemann stolz zu sein. Denn wer kennt seinen Namen heute noch, außer wenn es um das Eis geht?

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Dabei hat Hermann Ludwig Heinrich von Pückler-Muskau eine wirklich interessante Lebensgeschichte und sollte für weit aus mehr im Gedächtnis bleiben. Immerhin war er auch erfolgreicher Reise-Schriftsteller und berühmter Landschaftsgestalter, nach dessen Vorbild solche Grünanlagen wie der Central Park in New York entworfen wurden.

Biografie eines aufregenden Lebens

Ich bin auch nur durch eher glückliche Umstände und einen Besuch im Schlosspark Branitz auf diese historisch schillernde Figur aufmerksam geworden. Und wem das Lesen seiner umfangreichen Biografie genauso wenig behagt wie mir, dem sei diese interessante Dokumentation von Terra X empfohlen: Fürst Pückler – Playboy, Pascha, Visionär

Oder dieses unterhaltsame Hörspiel nicht nur für Kinder von Frederike Stahl: „Bo und die Murmel“ – ein Projekt des FSJK

Hier nur eine kurze Übersicht seiner wichtigsten Stationen und anschließend ein paar interessante Anekdoten, die ich über ihn zusammentragen konnte.


1785

Geboren am 30. Oktober im Schloss Muskau als erstes von fünf Kindern in einer unglücklichen, arrangierten Adelsfamilie. Der Vater mürrisch, die Mutter selbst noch fast ein Kind, ständig wechselnde Privatlehrer und Erzieher können ihn nicht bändigen. Mit 16 erklärt er sich selbst für vollmündig.

1792

Besuch verschiedener Bildungseinrichtungen in Uhyst, Halle und Dessau, Jurastudium in Leipzig, das er ein Jahr später abbricht, um als Leutnant in die Garde du Corps in Dresden einzutreten. Von hier flieht er 1806 hoch verschuldet vor den Gläubigern nach Wien.

1804

Beginn seiner 4 Jahre dauernden Jugendwanderung durch Süddeutschland, die Schweiz, Frankreich, Italien mit Aufenthalt bei Goethe in Weimar.

1811

Sein Vater stirbt und er übernimmt die Standesherrschaft Muskau, entwickelt erste Pläne zur Gestaltung der Muskauer Landschaft – seinerzeit der größte Besitz auf deutschem Gebiet.
Teilnahme am antinapoleonischen Befreiungskrieg in der Kaiserlich Russischen Armee.

1814

Im Sommer beendet Pückler seinen Kriegsdienst und tritt die erste Englandreise an, wo er angesichts der dortigen Parks seine Berufung zum Gartenkünstler entdeckt.

1817

Er heiratet die 9 Jahre ältere Lucie Reichsgräfin von Pappenheim, Tochter des preußischen Staatskanzlers Karl August von Hardenberg. Sie teilen die Leidenschaft für Landschaftsparks und führen eine freundschaftliche Ehe.

1822

König Friedrich Wilhelm III. von Preußen erhebt Pückler in den Fürstenstand, was ihn zwar 4000 Taler kostet, aber seine Position stärkt.

1826

Sein Landschaftspark an der Neiße verschlingt das Vermögen, so lässt sich Pückler pro forma von Lucie scheiden, damit er in England eine wohlhabende Braut suchen kann.

1830

Eine Frau findet er nicht. Aber die Briefe, die er während seiner zweiten Englandreise an Lucie schreibt, werden zum Bestseller unter Pseudonym als “Briefe eines Verstorbenen” mit finanziellem Erfolg auch in England und den USA.

1834

Anschließend ist er 6 Jahre im Orient unterwegs. Eine Reise über Algerien, Tunesien nach Ägypten, wo er vom Khediven als Staatsgast empfangen wird und einen Palast mit Personal erhält.
Weiter in das heilige Land, Libanon, Syrien, die Türkei, sowie später noch einmal nach Konstantinopel und Griechenland.

1845

Hochverschuldet muss er das Schloss Muskau verkaufen und auf Wunsch Lucies ziehen sie nach Branitz bei Cottbus.
Er beginnt mit 60 Jahren das dortige Schloss und den Park komplett neu zu gestalten.

1854

Nach dem Tod Lucies reist er 2 Jahre umher.
Pückler gestaltet den Park von Babelsberg und hinterlässt seine Spuren in den Anlagen von Ettersburg, Neuhardenberg, Wilhelmsthal, Altenstein. In Paris arbeitet er zusammen mit dem französischen Kaiser Napoleon III. am „Bois de Bologne“.

1871

Am 4. Februar stirbt Fürst Pückler-Muskau kinderlos und wird mit einer aufwendigen Inszenierung am 9. Februar in seiner Wasserpyramide im Branitzer Schlosspark beigesetzt.


Alles nicht gewöhnlich

Fürst Pückler galt als tollkühn und probierte gern neue Dinge aus. So stieg er beispielsweise in einen Heißluftballon, der allerdings in einem Baum landete, und sank mit einer Taucherglocke in die Themse hinab.

Er war außerdem für seine extravagante Kleidung bekannt. Man sah ihn oft in auffälligen, farbenfrohen Kostümen und mit breitkrempigem Hut. Sein Stil war so unkonventionell, dass er in der Öffentlichkeit für Aufsehen sorgte. Zum Beispiel auch als er in Berlin vor die Conditorei Kanzler fuhr mit einer Kutsche, die von weißen gezähmten Hirschen gezogen wurde.

Sein Spitzname lautete “Der grüne Fürst”, aufgrund seiner Vorliebe für die Natur und seine Arbeit als Landschaftsgestalter. Seine Parks inszenierte er als “begehbares Gemälde”. Keine Bodenwelle, keine Wegbiegung, keine Fontäne und schon gar kein Wasserfall wurde zufällig gesetzt. Fürst Pückler schuf gärtnerische Gesamtkunstwerke, die die Besucher auch anderthalb Jahrhunderte später noch erleben können.


“Wer mich ganz kennenlernen will,
muß meinen Garten kennen,
denn mein Garten ist mein Herz”.


Als er in das Schloss Branitz zog, war Pückler bereits recht betagt und hatte keine große Geduld, um auf das Wachsen von Sprösslingen zu warten. So verpflanzte er einfach ältere und bereits größere Bäume. Die ließ er anderswo ausgraben und mit einem speziellen zweirädrigen Karren, den er “Pflanzmaschine” nannte, nach Branitz bringen. So wurden über 1100 Bäume verpflanzt und manchmal mussten unterwegs Mauern abgerissen werden, weil die Bäume nicht hindurch passten. Hier ließ er außerdem Pyramiden aufschütten, Seen ausgraben, Wasserläufe und geschwungene Wege anlegen und schuf in wenigen Jahren aus einer sandigen, kargen Wüste eine Oase – sein größtes Meisterwerk.

In der Schlossgärtnerei im Branitzer Park hatte Pückler die exotische und damals sehr seltene Ananas in Gewächshäusern gezüchtet. Besonders schöne und große Früchte verschenkte er an ausgewählte Damen, wie die preußische Königin Augusta.

Der Dandy ließ sich auf allerlei amouröse Abenteuer und Flirts ein, mit nicht standesgemäßen Schauspielerinnen und Tänzerinnen, aber auch mit seiner englischen Übersetzerin. Vielen setzte er ein Denkmal mit der Benennung von Wegen in seinen Parks. Auf Reisen hielt er sich – wie damals üblich – einige Sklaven und aus Nordafrika brachte er die 12-jährige Machbuba mit zurück in die Lausitzer Heimat, die das raue nordeuropäische Klima jedoch nicht lange überlebte. 

Neben seinen Werken über Gartenkunst verfasste Pückler auch humorvolle und sarkastische Schriften. Er hatte eine scharfe Zunge und schrieb satirische Kommentare über das Leben und die Gesellschaft seiner Zeit. Als Schriftsteller erzielte er zu Lebzeiten sogar höhere Auflagen als Goethe.

Er ist der Abenteurer, der in England seine Überfahrt in das noch junge Amerika verpasst, weil er zu einem Duell musste. Und der für seine Ehefrau Lucie viele witzige Spitznamen erdachte: wie Schnucke, Luzige, Ziege, Branitzka oder Wüstiana.

Außerdem hatte er einen kleinen Mops namens “Putz” an seiner rastlosen Seite und er war ein großer Fan von Schokolade. Er soll sie so sehr geliebt haben, dass er seinen eigenen Schokoladenvorrat mit sich führte, egal wo er hinging. Was ihn trotz aller Extravaganz auch wieder sehr sympathisch erscheinen lässt.

Die letzte große Inszenierung des exzentrischen Fürsten war sein eigenes Tumulus-Grab (die Pyramide im See). Da eine Einäscherung seinerzeit aus religiösen Gründen verboten war, griff er zu einer provokanten List und verfügte, dass sein Herz in Schwefelsäure aufzulösen sei und der Körper in Natronlauge gebettet werden solle. 

Noch heute kann man seine Spuren auf der ganzen Welt entdecken. Pückler hat in Ägypten und im Sudan an mindestens elf archäologischen Stätten seinen Namen eingeritzt.

Abgesehen von dem berühmten Pückler-Eis wurde nach ihm auch ein Asteroid benannt, der sich allerdings eher schwieriger vermarkten ließe. Und so bleibt sein Name als schmelzende Sahnecreme mit Vanille-Erdbeer-Schoko-Geschmack in aller Munde. (Dabei mochte der Fürst selber eigentlich viel lieber Kirscheis.)

Autor: SmileGlobetrotter

Quellen:

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